“Ich bin so wütend, wenn ich sehe, wie die Menschen den Müll vor meinen Augen auf den Boden statt in die Tonne schmeißen”, erzählt Andreas Brusgatis im Auto auf dem Weg zum Rathausplatz. Jeden Morgen ab fünf Uhr ist der 49-Jährige mit seinen 150 Kollegen in der Stadt unterwegs, um den Dreck der vergangenen Kieler-Woche-Nacht zu beseitigen. “Manchmal werden wir auch beschimpft”, sagt er und schweigt betreten.
Dabei besteht allen Grund zur Dankbarkeit. Während der fünften Jahreszeit in Kiel fahren die Müllmänner des ABK (Abfallwirtschaftsbetrieb Kiel) extra Touren, verzichten auf das Wochenende. 234 Tonnen haben sie im vergangenen Jahr gesammelt. “Ich würde mir aber wünschen, dass die Menschen sich öfter auch mal bei uns bedanken”, sagt Andreas. Meist gucken sie nur verschämt weg.
Positive Überraschung
Ausgangspunkt seiner Tour ist heute der Rathausplatz. Von dort arbeitet sich Andreas Brusgatis mit seinen Kollegen über die Kehden-, Küter, Faul- und Haßstraße zum Alten Markt. Pappbecher, Flaschen, Taschentücher und Servietten säumen seinen Weg. Er fegt an den Buden und in den Ecken entlang, die weder die große noch die kleine Kehrmaschine erreicht. “Heute ist erstaunlich wenig Müll zu sehen”, sagt der gelernte Bau- und Kunstglaser und ist positiv überrascht. Dennoch: “In den vergangenen Jahren hat sich nur eins geändert: es ist mehr Müll geworden.”
Besonders ärgere er sich über die Jugendlichen, die ihre Flaschen überall stehen lassen. Sind diese noch nicht von einem Pfandsammler gefunden worden, schmeißt Andreas sie entweder in die nächstgelegene Tonne oder zertrümmert sie mit dem Besen. Nur so kann die Kehrmaschine die Scherben aufnehmen. Und wenn sich zwischen dem Müll mal ein Geldstück findet, dann wandert es nicht in die eigene Tasche. “Wir haben extra eine Vereinbarung unterschrieben, dass wir nichts behalten dürfen, was wir finden.”
Ein neuer Blickwinkel
Seit zwei Jahren ist der 49-Jährige auf den Straßen von Kiel unterwegs – mal mit Besen und Kneifer, mal mit dem Müllbläser, mal in einer Kehrmaschine. Am Anfang musste er sich daran gewöhnen, doch mittlerweile mache ihm der Job Spaß – auch dank den Kollegen. Ist die erste Tour rum, treffen sich alle an einem zentralen Punkt, frühstücken gemeinsam und trinken einen Kaffee.
Der Müll wandert natürlich in eine der Tonnen. Deren Säcke tauschen die Müllmänner der ABK auch aus – falls denn noch welche drin sind. “Oft nutzen die Pfandsammler unsere Mülltüten für ihre Flaschen”, erzählt Andreas und sammelt einige Dosen, Limetten und Strohhalme von einem der Sicherheitssandsäcke. “Ja der Blickwinkel ändert sich mit der Zeit, ich gucke nicht mehr nur auf den Boden.” Selbst wenn er mit seiner Frau unterwegs zum Einkaufen sei, achte er darauf, ob die Tonnen und Mülleimer voll sind. Und wer putzt zu Hause? “Da helfe ich natürlich auch mit”, sagt er mit einem Lachen und schwingt wieder den Besen im Kieler Morgengrauen.
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