„Ich war mir erst nicht sicher, ob Jakkarat selbst Wohnraum anbietet oder sucht – sie ist ja keine Anfang zwanzig mehr“, erzählt die 49 Jährige Dagmar Mentzel lachend. Seit einigen Monaten wohnt die 33-jährige Schiffbau-Studentin Jakkarat Chuveeradach mietfrei bei ihr. Mietfrei? Wie das?

Jakkarat ist eine Teilnehmerin des sozialen Wohnprojekts „Wohnen für Hilfe“ des Studentenwerks in Kiel. Zu ihren Aufgabengebieten, um sich ihr geräumiges Zimmerleisten zu können, zählen der zweiwöchige Großputz zusammen mit der Vermieterin und die Pflege der Haustiere. „Jakkarat führt einen Plan, welche Dinge sie erledigt hat und ich zeichne diesen dann ab“, sagt Vermieterin Mentzel. Als Faustregel gilt eine Stunde Hilfe für einen Quadratmeter Wohnfläche. Hinzu kommen die Nebenkosten für Heizung und Strom. Für die Studentin war es vor allem sehr wichtig, in der Nähe der Fachhochschule zu wohnen.

Aufmerksam auf „Wohnen für Hilfe“ wurde Jakkarat während einer Busfahrt. Daraufhin nahm sie im Herbst 2015 an einem Informationsnachmittag teil und lernte dabei ihre heutige Vermieterin Frau Mentzel kennen. Innerhalb einer Woche erfolgten der Umzug und die vertragliche Regelung über die Leiterin des Projektes, Alexandra Dreibach.

Info- Veranstaltung, an der Jakkarat und Frau Mentzel sich kennenlernten.

Info- Veranstaltung, an der Jakkarat und Frau Mentzel sich kennenlernten.

Zuvor lebte Jakkarat ein Jahr lang in einem Studentenwohnheim am Westufer. Dort fühlte sich die aus Thailand stammende Studentin jedoch nicht wohl, da das Zimmer klein war, es spätestens gegen Abend sehr laut wurde und sie eine lange Anfahrt zur Fachhochschule auf sich nehmen musste.

Gepasst hat es zwischen den beiden sofort, schildert Vermieterin Mentzel und ist froh „ein nettes Mädchen“ bei sich zu haben, das ihr im Haushalt unter die Arme greift und ihre Katzen am Wochenende versorgt, wenn sie nicht da ist.

Die WG Mentzel/Chuveeradach ist ein Beispiel für den Erfolg von „Wohnen für Hilfe“. Alexandra Dreibach vom Studentenwerk bestätigt, wie gut das Projekt angenommen wird. Es seien bereits mehrere Gemeinschaften vermittelt worden und das Interesse steige. „Trotz des laufenden Wintersemesters gibt es viele Nachfragen nach Wohnungsvermittlungen“, sagt Frau Dreibach. Für sämtliche Fragen bezüglich des Projektes steht sie zur Verfügung. Es sind vorgefertigte Fragebögen von beiden Parteien auszufüllen, damit passende Partner gefunden werden können. Ist dies der Fall, wird der Bewerbungsvorgang mit einem Wohnpartnerschaftsvertrag abgeschlossen.

Das Projekt soll Studenten und Studentinnen eine bezahlbare Alternative zu knappen und teuren Wohnungen in Kiel schaffen. Außerdem kann es älteren Menschen ermöglichen, Hilfe in Anspruch zu nehmen oder den Wunsch nach Gesellschaft und Gesprächen zu erfüllen, ohne, dass sie dafür ihre gewohnte Umgebung verlassen müssen. Aber auch Familien können von diesem Wohnmodell profitieren, da die Hilfe auch in Form von Hausaufgabenbetreuung für Kinder oder der Versorgung der Haustiere erfolgen kann. Einzige Voraussetzung ist, dass genügend Wohnraum vorhanden ist.

Jakkarat studiert an der FH im 3. Semester Schiffbau im Masterstudiengang. Im Sommer nächsten Jahres wird sie voraussichtlich ihren Abschluss machen und versucht in Kiel Arbeit zu finden. Sie und Dagmar Mentzel könnten sich sogar vorstellen auch dann noch ihre Wohngemeinschaft weiterzuführen.

Diese vorgefertigte Liste vom Studentenwerk zeichnet Frau Mentzel ab.

Diese vorgefertigte Liste vom Studentenwerk zeichnet Frau Mentzel ab.

Jakkarats geräumiges Zimmer, in dem sie in Ruhe ihre Studienarbeit schreiben kann.

Jakkarats geräumiges Zimmer, in dem sie in Ruhe ihre Studienarbeit schreiben kann.

Frau Mentzel und Jakkarat beim Gespräch in der gemeinsamen Küche.

Frau Mentzel und Jakkarat beim Gespräch in der gemeinsamen Küche.

Dieses Plakat haben die Beiden in der Buslinie 11 gesehen.

Dieses Plakat haben die Beiden in der Buslinie 11 gesehen.