Jens Langholz, Professor für Allgemeine BWL und Mathematik mit den Forschungsschwerpunkten Existenzgründung und Innovationsmanagement an der Fachhochschule Kiel und Harm Brandt, Vorstandsvorsitzender von Campus Business Box und Mitbegründer von opencampus, sind zwei Förderer der Kieler Gründerszene, die CAU, Muthesius Kunsthochschule und die FH Kiel magisch verbinden. Mit gemeinsamen Projekten, Interessen und Erfahrungen unterstützen sie neue Gründer und helfen mit ihrem Know-how weiter.

Was ist ihre Rolle in der Gründerszene Kiels?

Jens Langholz: Ich widme mich dem Thema Gründung hauptsächlich im Rahmen meines Wahlpflichtmoduls „Projekt StartUp“. Dabei handelt es sich um ein Modul, in dem die Studierenden allein oder im Team eine Gründungsidee entwickeln und für diese dann einen Businessplan erstellen. Seit zwei Semestern führe ich die Veranstaltung bei Harm in der starterkitchen durch, wo die Studierenden Gründungsatmosphäre schnuppern und Kieler Startups kennenlernen. Es ist deutlich authentischer in der starterkitchen zu lehren und zu lernen, als wenn man bei uns in der FH in einem Seminarraum sitzt. Mit Harm und drei Kolleginnen von der FH zusammen biete ich außerdem jedes Semester in den IDW das InnovationCamp an. Das ist ein Wochenende, an dem wir mit Studierenden jeweils an einem speziellen Gründungsthema arbeiten.

Harm Brandt: Apropos InnovationCamp, ich habe gerade gehört, dass das Team, das letztes Mal gewonnen hat, immer noch zusammen arbeitet. Die treffen sich im Bunker-D an der FH und arbeiten da an ihrer Idee. Ich bin gespannt, wie das weiter gehen wird. Die sind total engagiert und motiviert und haben Lust das weiter umzusetzen.

Für meinen Standpunkt in der Kieler Gründerszene muss ich etwas weiter ausholen, damit man das Konstrukt versteht. Ich habe Informatik in Kiel studiert und anschließend einige Jahre hier in Kiel gearbeitet. Dann war mein Plan, auch mein Volkswirtschaftsstudium zu Ende bringen und parallel dazu wurde der Verein Campus Business Box gegründet. Unsere Idee war es, Studierenden mehr Praxisbezug im Studium zu geben. In dem Zuge sind dann auch erste StartUp-Weekends, so ähnlich wie das InnovationCamp entstanden. Die hießen damals noch Webends und darüber haben Jens und ich uns auch kennen gelernt. Aus dem Ganzen hat sich dann die Marke opencampus und die starterkitchen herausgebildet. Die starterkitchen wurde vor drei Jahren im Wissenschaftszentrum Kiel als Arbeitsraum für Gründerteams und Anlaufstelle für gründungsaffine Studierende gegründet. Der Raum wurde dann aber schnell zu klein und es gab letztes Jahr die Möglichkeit mit der starterkitchen in die Kuhnkestraße 6 zu ziehen. Hier arbeiten aktuell zehn Startups und es finden regelmäßig Veranstaltungen statt.

Was ist die starterkitchen und was wird dort geboten?

Harm Brandt: Die starterkitchen ist offen für alle. Hier arbeiten sowohl Studierende von der FH als auch von der CAU und von der Muthesius an ihren Projekten. Dadurch kommt ein Austausch zwischen den verschieden Hochschulen zustande.

Die starterkitchen wird von einem heterogenen, interdisziplinären Team betrieben, außerdem sind die StartUps eine gute Gemeinschaft, die gerne auch gründungsinteressierte unterstützen. Highlight im Frühling ist die Prototyping Week. Eine Woche lang geht es darum eigene Teams zu bilden, an einer Idee zu arbeiten und Unternehmer kennenzulernen. In Kooperation mit Florian von Wieding und Volker Breust wurde gerade jüngst das fablab.sh initiiert. Das fablab.sh ist eine offene High-Tech Werkstatt mit 3-D Druckern, Laser Cuttern und vielen weiteren Geräten. Man hat dort also die Möglichkeit eigene Prototypen und Produkte zu entwickeln.

Jens Langholz: Das Fablab ist eine tolle Anlaufstelle, wenn man einen Prototypen braucht oder ausprobieren will, ob eine Idee technisch funktioniert. So kommt man deutlich schneller und kostengünstiger voran, als wenn man etwas als Auftragsarbeit vergeben müsste.

Opencampus ist bunt und für jeden offen, der Lust zum Gründen hat. (Foto: Lisa Strobel)

Opencampus ist bunt und für jeden offen, der Lust zum Gründen hat. (Foto: Lisa Strobel)

Was ist das spannendste in der starterkitchen?

Harm Brandt: Dort eine super intensive Zeit zu haben. Einmal miterlebt zu haben, wie eine Gründung in den Anfängen liegt, ist schon einfach extrem spannend. So eine Dynamik kann man halt in keinem Bestandsunternehmen erleben. Man lernt in kurzer Zeit unglaublich viel.

Jens Langholz: Man sammelt wahnsinnig viele Erfahrungen. Viel mehr, viel geballter und viel intensiver als in jeder angestellten Tätigkeit.

Welche Multiplikatoren erweitern den Verband von opencampus und wie läuft die Zusammenarbeit ab?

Harm Brandt: Wir arbeiten unter anderem mit der Wirtschaftsförderung in der Kieler Region, der IHK und der WTSH zusammen. In erster Linie bringen wir verschiedene Akteure zusammen. Hier in der starterkitchen haben wir eine sehr offene Atmosphäre, wo man mit Gründern sprechen kann. Die Gründerteams haben viele Erfahrungen, die sie weitergeben können.
Wir versuchen immer neue potenzielle Gründer in ihrer Idee zu unterstützen. Wer zu uns kommt, muss kein fertiges Konzept haben. Wir versuchen dann die Kontakte zu den richtigen Personen herzustellen. Wir schaffen Zufälligkeiten und stellen Netzwerke zur Verfügung. Es ist ein ganz unverbindlicher Hilfsaustausch, von dem viele profitieren können. Geben und Nehmen auf unkomplizierte Art und Weise.
Gezielt kommen Multiplikatoren natürlich auch zu unserem Gründerfrühstück oder wir laden Sie zur Prototyping Week ein. Wenn man eine Idee hat, muss man irgendwann einfach anfangen mit jemandem zu reden. Viele machen den Fehler, nicht anzufangen darüber zu reden. Und dann wird es schwieriger weiter zu kommen.

Wie würden sie die Gründerszene Kiels beschreiben?

Harm Brandt: Oh das ist schwer zu sagen, wir kriegen ja auch immer nur einen Teil der Gründerszene mit. Es sind glaube ich tatsächlich, ohne das jetzt besser zu wissen, hauptsächlich Studenten, die hier gründen. Bei uns sind die Sachen, die wir so mitkriegen, „wissensintensiver“, da es meistens etwas Digitales ist oder mit Neuen Medien zu tun hat. Allgemein glaube ich schon, dass eher junge Leute die Gründerszene prägen.

Jens Langholz: Es hat sich wahnsinnig gut entwickelt in den letzten zwei Jahren. Man merkt es richtig, dass mehr über die Gründerszene gesprochen wird und immer mehr Teams dazu kommen und das aktive Netzwerk auch schnell wächst und die Marke opencampus bekannter wird.

Ist es wichtig, dass Studenten der Fachhochschule, Uni und Kunsthochschule gemeinsam gründen?

Harm Brandt: Ich weiß gar nicht, ob es so super wichtig ist, dass Studenten verschiedener Hochschulen kooperieren. Ich glaube wichtiger ist, dass man ein Team hat, das gut funktioniert. Wenn dazu kommt, dass man auch noch einen Techniker und einen BWLer hat, dann ist alles perfekt. Da die Schwerpunkte an den Hochschulen natürlich schon ein Stück weit unterschiedlich sind, sieht man, dass verschiedene Kompetenzen vertreten sein müssen.

Jens Langholz: Ein bisschen ist es aber auch Fügung und Zufall, wer mit wem zusammentrifft und wie sich ein erster Kontakt ergibt. Dann ist es tatsächlich der „Nasenfaktor“, der darüber entscheidet, ob man sich sympathisch ist oder nicht.

Harm Brandt (links) und Jens Langholz (rechts) stehen bereit für neue Gründer. (Foto: Lisa Strobel)

Harm Brandt (links) und Jens Langholz (rechts) stehen bereit für neue Gründer. (Foto: Lisa Strobel)

Wächst die Szene stetig oder wie verhält sich der momentane Zuwachs und das Interesse der Kieler Studenten?

Harm Brandt: Gefühlt könnte es immer noch mehr sein würde ich sagen. Aber wenn ich es mit vor einem Jahr vergleiche, da konnten wir in die einzelnen Arbeitsräume der starterkitchen noch reingehen und die sind jetzt komplett voll. Das ist schon mal ein ganz gutes Zeichen. Ich glaube daher, dass es eher wächst. Letztendlich aber auch, dass es noch viel mehr Leute gibt, die Lust haben etwas zu machen, aber vielleicht zu sehr darüber nachdenken, dass eine Gründung sofort ernsthaft sein muss. Dass sich noch mehr Leute trauen und mehr ausprobieren, könnte man auf jeden Fall auch als Wunsch für die Zukunft formulieren. Man sollte stärker die Möglichkeiten nutzen, sich informieren und gucken, was konkret möglich ist. Einfach mal rausgehen und mehr mit Leuten in Kontakt kommen, und dann schauen was passiert und welche Ideen man entwickeln kann.