In unserer neuen Serie „Und was machst du sonst so?“ stellen wir Studierende und Mitarbeiter der Fachhochschule vor, die uns mit ihren außergewöhnlichen Nebenjobs und Hobbies beeindrucken. Heute dreht sich alles um Tobias Britz. Der 30-Jährige studiert Multimedia Production an der FH Kiel und verdient sich sein Geld mit dem Sprayen von Graffitis. Unter dem Namen Farbverlauf – Graffitiaufträge hat er mit seinem guten Freund Bastian ein Gewerbe gegründet. Wir haben uns mit ihm getroffen, um ihm ein paar Fragen zu stellen.
FHEWS: Viele Menschen sprayen Grafittis, du machst es gewerblich. Wie kam es dazu?
Tobias: Irgendwann haben mich Bekannte gefragt, ob ich ihnen nicht etwas Bestimmtes gegen ein kleines Endgeld sprayen könnte. So entstand eigentlich die Idee, mein Hobby vielleicht zum Beruf zu machen.
Mit dem Malen an sich habe ich schon vor circa 18 Jahren angefangen. Als kleiner Junge fand ich die bunten Graffitis auf den Autobahnbrücken interessant, so dass ich angefangen habe, sie auf Papier nach zu malen. Ich wurde besser und bald kamen die Bilder dann eben aus der Farbdose. Ich war nicht ganz schlau und habe mich auch mal an verbotenen Flächen ausprobiert. (lacht)
Ich wurde erwischt und seitdem male ich nur noch legal.
FHEWS: Was genau macht ihr jetzt?
Tobias: Wir bemalen zum Beispiel Bushaltestellen oder bringen Firmenlogos an die Wand.
Wohnräume bemalen wir auch. Häufige Motive sind Leuchttürme, Möwen und das Meer. Schließlich leben wir direkt an der Ostsee. In Kinderzimmern sind Bob der Baumeister oder Winnieh Puh besonders beliebt.
FHEWS: Über einen eurer größten Aufträge wurde in der Zeitung berichtet (mehr dazu hier oder hier). Wie sah dieser Auftrag aus?
Tobias: Diesen Auftrag findet man am Zugbahnhof in Bredenbek. Hier haben wir eine Fläche von circa 120 qm bemalt. Das Besondere daran war, dass die Fläche nur 80cm hoch war…dafür aber eben 150m lang. Bequem war die Arbeit also nicht, wir sind den ganzen Tag auf den Knien hin und her gerutscht. Es ergab sich daraus am Ende aber ein sehr schönes Gesamtbild, das ich mir immer noch gerne ansehe.
FHEWS: Wie reagiert dein Umfeld auf dein Hobby oder deinen Beruf?
Tobias: Mein direktes Umfeld reagiert sehr positiv auf das, was ich mache. Freunde und Familie unterstützen das total. Meine Mutter erinnert mich immer wieder daran, dass ich unbedingt meine Atemschutzmaske aufsetzen muss, wenn ich spraye. (lacht) Mittlerweile tue ich das natürlich zuverlässig, damit sie glücklich ist.
Negative Reaktionen bekommt man natürlich auch. Diese kommen meistens eher von der älteren Generation.
Früher ist fast jedes mal die Polizei gekommen, wenn wir an einem Auftrag gearbeitet haben. Mittlerweile melden wir unsere Aufträge daher tatsächlich bei der zuständigen Polizeiwache an, um den Beamten den unnötigen Einsatz zu ersparen.
FHEWS: Welches Equipment habt ihr immer dabei und woher bezieht ihr dieses?
Tobias: Immer dabei sind unsere Sprühflaschen, verschiedene Aufsätze, Skizzen, Klebeband, Schutzfolien…und natürlich die Gasmaske! (grinst) Wir beziehen unser Equipment größtenteils von Urban Elements hier in Kiel. Der Laden gehört einem Kollegen von mir. In unserer Szene kennt man sich untereinander.
FHEWS: Gibt es so etwas wie einen Codex unter Sprayern?
Tobias: Ganz klar! Die Arbeiten anderer Künstler werden nicht beschmiert oder verändert.
FHEWS: Was bedeutet dir das Sprayen persönlich?
Tobias: Das Sprayen ist für mich der Ausgleich zum stressigen Alltag. Sobald ich mit der Dose vor der Wand stehe, kann ich einfach abschalten. Ich lasse meinen Gedanken und meiner Kreativität dann freien Lauf und komme mal richtig zur Ruhe. Es ist einfach immer wieder toll aus einer tristen Fläche, etwas Besonderes zu machen. Und wenn sich nicht nur die Jüngeren, sondern auch Menschen der älteren Generation, sich von meiner Arbeit überzeugen lassen, freut mich das besonders. Ich möchte, dass die Leute sehen, dass Graffitis nicht nur Schmierereien und Vandalismus sind. Auch das motiviert mich weiter zu machen.
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