In Deutschland brechen durchschnittlich 40 Prozent aller Studienanfänger ihre akademische Ausbildung an der Hochschule wieder ab. Doch auch Studierende höherer Semester beenden ihr Studium häufig ohne Abschluss. Die Gründe hierfür sind vielfältig und reichen von Leistungs- über Motivationsprobleme bis hin zu finanziellen Schwierigkeiten, die einem erfolgreichen Abschluss im Wege stehen.
Doch ein Studienabbruch kann auch als Chance gesehen werden, weiß Petra Eylander, Leiterin der Agentur für Arbeit in Kiel. Gemeinsam mit ihren Kollegen und zahlreichen Vertretern der Wirtschaft und Hochschulen in Schleswig-Holstein lud sie zur Veranstaltung „Kursänderung – Berufliche Perspektiven trotz Studienabbruchs“ ein. Dort konnte man sich über Arbeits- und Weiterbildungsmaßnahmen in Handwerk, Industrie und kaufmännischen Bereichen sowie über Hochschulstudiengänge informieren.
Welche Möglichkeiten haben Studienabbrecher nach ihrer Entscheidung? Sie können sich nach einem anderen Studiengang umsehen, die Hochschule wechseln oder eine Ausbildung beginnen. „Nicht für jeden ist ein Studium die richtige Wahl. Oftmals werden junge Menschen auch von ihren Eltern sehr darin bestärkt, zu studieren, weil sie dies für die bestmögliche Ausbildung halten“, so Eylander. Doch eine duale Ausbildung in einem Betrieb sei keinesfalls die schlechtere Wahl: „Die Wirtschaft in Deutschland ist stabil. Es werden Auszubildende gesucht, vor allem Fachkräfte. Viele handwerkliche Betriebe sind auch auf der Suche nach Führungskräften, die das Geschäft zukünftig weiterführen können.“
So auch Nicole Bünning. Sie ist Geschäftsführerin eines Treppenbau-Unternehmens und stellte bei der Veranstaltung ihren Familienbetrieb vor, der auch dieses Jahr wieder auf der Suche nach Auszubildenden ist. Zusammen mit ihrem Tischlerlehrling Malte Müller erklärte sie den etwa 50 Anwesenden, wie eine handwerkliche Ausbildung abläuft. Malte selbst hat auch zwei Studiengänge abgebrochen. Zunächst studierte er Biomedizintechnik in Lübeck, wobei ihm die Module nicht gefielen. Dann wechselte er zu Archäologie an der CAU in Kiel.
„Eigentlich kriegt man in dem Bereich eh keinen Job, ich wollte aber einen Hochschulabschluss, dachte das macht sich gut im Lebenslauf. Doch irgendwann habe ich mich trotzdem nach Alternativen umgeschaut und mich als Tischler beworben, weil ich gerne Dinge selbst baue. Mit dieser Entscheidung bin ich bis heute sehr glücklich“, sagt Malte. Nach der Ausbildung stehen ihm einige Weiterbildungsmöglichkeiten offen. Er könnte seinen Meister oder Techniker machen und sich bis zum Bauleiter hocharbeiten.
Fast jede Hochschule verfügt über eine Studienberatung, bei der Ratsuchende sich umfassend über alle Angebote informieren können, bevor sie ein Studium beginnen. Die Agentur für Arbeit bietet einmal im Monat ein Seminar zur beruflichen Neuorientierung für diejenigen, die unzufrieden mit ihrer Situation sind. Auch die Fachhochschule Kiel hatte einen Stand auf der Veranstaltung. Dort hat die Absolventin Elina sich beraten lassen. Sie hat ihr erstes Staatsexamen im Lehramtsstudium für Sonderpädagogik abgeschlossen, wollte sich aber über Alternativen zum Lehrerberuf informieren. Deshalb sprach sie mit Anna Maria Utzolino von der FH Kiel über die Studiengänge am Fachbereich Soziale Arbeit und Gesundheit.
Worüber sich alle Teilnehmer einig waren, ist die Tatsache, dass die Wahl zwischen Studium und Ausbildung nicht leichtfällt und man sich nicht scheuen sollte, Hilfsangebote anzunehmen. Das sieht auch der Tischlerazubi Malte so: „Ob man studiert oder eine Ausbildung machen möchte, muss letztendlich jeder selbst entscheiden, eine Ausbildung ist allein von der Einteilung der Zeit eine ganz andere Sache als ein Studium. Aber man nutzt die Zeit sinnvoller, wenn man weniger davon hat.“
Informationen für Ratsuchende gibt es auf der Internetseite der Zentralen Studienberatung der FH Kiel.
Zudem findet jeden Dienstag von 14-16 Uhr in Gebäude 18 auf dem Campus der FH eine offene Beratungssprechstunde der Agentur für Arbeit statt.
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